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Deutschland unterliegt Belgien 2:3 – Emre Can bringt den Leistungsumschwung

30 Minuten lang legte Testgegner Belgien die Schwächen der DFB-Elf gnadenlos offen. Dann machte Emre Can das deutsche Spiel rustikaler – und besser. Muss der Stil der Nationalmannschaft schmutziger werden?

Author: DER SPIEGEL

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Bis hierhin und nicht weiter: Mit einem fairen Tackling holt Emre Can Gegenspieler Timothy Castagne von den Beinen

Bis hierhin und nicht weiter: Mit einem fairen Tackling holt Emre Can Gegenspieler Timothy Castagne von den Beinen

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Stuart Franklin / Getty Images

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Mhm, Mentalität: Erfolgreicher und volksnäher werden möchte der deutsche Fußball des Jahres 2023. Zumindest Letzteres harmoniert prächtig mit dem Sendekonzept von RTL, wo die schwarz-rot-geile Daumendrückberichterstattung rund um die DFB-Testspiele eigentlich Tradition hat. Dass Experte Lothar Matthäus dem deutschen Team für die ersten 30 Minuten dennoch ein »Komplettversagen« attestierte, war letztlich die Schuld der Mannschaft. Deren Gesicht änderte sich erst mit der Einwechslung von Borussia Dortmunds Emre Can.

Plötzlich flaute der belgische Sturmlauf ab, die deutsche Zweikampfquote erholte sich. Can füllte die Vierer- zur Fünferkette auf, wenn es nötig wurde und spielte einfache, klare Pässe durch das Mittelfeld. Nach einer spektakulären Grätsche gegen Belgiens Timothy Castagne ließ sich Co-Kommentator Steffen Freund dann gar zu einem Bonmot hinreißen, das man über BVB-Spieler selten vernimmt: »Reine Mentalität, plus natürlich individuelle Klasse, Präsenz und Mentalität« habe Can dem deutschen Spiel hinzugefügt.

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Das Ergebnis: 2:3 (1:2) unterliegt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft Belgien in einem Spiel, das eine halbe Stunde lang nach Debakel aussah. Auch die Leistungssteigerung danach täuscht nicht darüber hinweg, dass da ein unfertiges DFB-Team auflief. Hier geht es zum detaillierten Spielbericht.

Kein Rudi Völler: Nach dem erfolgreichen Auftakt ins Länderspieljahr 2023 gegen Peru schaute sich manch Fußball-Prominenter das Duell gegen Belgien live im Kölner Stadion an, so etwa BVB-Trainer Edin Terzić. Absagen musste indes der neue DFB-Sportdirektor: Eine Nierenkolik bremste Rudi Völler aus, der 62-Jährige verfolgte die Partie am heimischen TV.

Tedesco, Carrasco, Fiasko: Völler sah Hilflosigkeit. Dabei war die Ausgangslage der Belgier nicht besser als die des DFB-Teams, nach dem Aus in der WM-Gruppenphase hatten sich die »Roten Teufel« allerdings auf dem Trainerposten interessant verstärkt: Domenico Tedesco sollte den alternden Belgiern neues Leben einhauchen. Und das gelang dem bundesligaerfahrenen Deutsch-Italiener. Schon das EM-Qualifikationsspiel gegen Schweden gewannen die Belgier 3:0 dank eines Lukaku-Hattricks, gegen die DFB-Auswahl ging es offensiv und aggressiv weiter. Der erste Dominostein fiel in Minute sechs, als Yannick Carrasco auf dem linken Flügel Zeit und Platz hatte, um das frühe 1:0 für die Gäste zu erzielen.

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Der Wolf ist dem Wolf ein Wolf: Das Gros der Mitschuld traf dabei Marius Wolf, der den starken Eindruck aus seinem ersten Länderspiel im zweiten Versuch nicht bestätigen konnte. Der BVB-Profi war erst zu weit ins Zentrum eingerückt, schloss die Lücke zu Carrasco dann aber mit so viel Tempo, dass er nach einem Haken des Belgiers schon kein Faktor mehr war. Auch Hertha BSC-Angreifer Dodi Lukébakio ließ Wolf später böse aussteigen, zum Glück des Dortmunders ließ Lukébakio die daraus folgende Großchance im Konter liegen (19. Minute).

Zwei Eingriffe: »Wir waren zu verhalten, wir waren zu passiv, wir haben einfach den Gegner nicht unter Druck setzen können«, sagte Bundestrainer Flick später im RTL-Interview zur Anfangsphase. Die wurde durch das 0:2 noch bitterer, vor dem Joshua Kimmich und Leon Goretzka einen zweiten Ball nicht verteidigen konnten und so Belgiens Star-Spielmacher Kevin De Bruyne die Möglichkeit gaben, Lukaku zu bedienen (9.). Nach einer halben Stunde hatte Flick dann genug, nicht nur wich Florian Wirtz für Debütant Felix Nmecha, auch Goretzka ging und machte Platz für Can. Eine Fußverletzung Goretzkas schien die Entscheidung besiegelt zu haben, warm gemacht hatte sich Can aber zuvor schon. Und siehe da: Das Spiel wurde besser, Niclas Füllkrug verkürzte noch vor dem Seitenwechsel per Handelfmeter (44.).

Leon Goretzka ging vom Platz – verletzungsbedingt, aber auch aus taktischen Gründen

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Foto: Federico Gambarini / dpa

Ist ihre (gemeinsame) Zeit vorbei? Goretzka und Kimmich, das ist das Traum-Duo im deutschen Mittelfeld. Gemeinsam erfolgreich beim FC Bayern, redegewandt, engagiert – die Aushängeschilder des Jahrgangs 1995 haben sich ein Standing beim DFB erarbeitet. Aber sind die beiden auch die beste Doppelsechs, die Bundestrainer Hansi Flick zur Verfügung hat? Als der Klubtrainer Flick in München mit Kimmich und Goretzka 2020 die Champions League gewann, verteidigte Kimmich rechts, während Thiago neben Goretzka das Zentrum dominierte. Auf Top-Niveau bringen Kimmich und Goretzka oft zu wenig Defensivfleiß mit, um einander auszubalancieren, nicht umsonst sicherten die Bayern das Duo zuletzt gern mal mit der Dreierkette ab. Gut möglich, dass Can und auch İlkay Gündoğan bessere Stammplatzchancen haben, als lange zu vermuten war.

Das Mittelfeld der Zukunft? Joshua Kimmich (l.) und Emre Can teilten sich ihre Aufgaben gut auf

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Foto: Christian Charisius / dpa

Reingedribbelt: Noch so einer, der sich seines Stammplatzes nicht sicher sein kann, ist Serge Gnabry. Der Bayern-Profi gilt klubintern schon längst als angezählt, im DFB-Dress gelang dem Flügelstürmer in der ersten Hälfte fast nichts. Nach der Pause drehte Gnabry dann aber auf, nach einem Solo gegen drei Gegenspieler verhinderte bloß der Pfosten ein Tor des Monats (85.). Seinen Treffer machte Gnabry dann aber trotzdem (87.). Ergebniskosmetik, aber auch eine Ansage: Gnabry kann es noch.

Die Zukunft hängt sich rein: Zum Schluss wurde dann, wie in Tests übrig, munter durchgewechselt. Josha Vagnoman kam zu seinem Debüt, Mërgim Berisha kam ins Spiel und spielte einen Steckpass auf Kevin Schade, der Gnabrys Anschlusstreffer auflegte. Gerade in der Offensive sind vor der Heim-EM einige Plätze zu besetzen, Schade betrieb mit seinem Tempo und seiner Geradlinigkeit so viel Eigenwerbung wie in der Kürze der Zeit eben möglich.

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