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Investoren-Deal der DFL vor der Abstimmung: Wie teuer verkauft sich der Fußball?

Author: DER SPIEGEL

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Fanproteste wie hier in Braunschweig gab es zuletzt fast überall in den Stadien

Fanproteste wie hier in Braunschweig gab es zuletzt fast überall in den Stadien


Foto: Swen Pförtner / dpa

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Axel Hellmann hat ein Lieblingsbild, das er in diesen Wochen häufig benutzt: Der Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt und kommissarisch amtierende Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) vergleicht die Bundesliga gern mit einem Haus, das über ein marodes Dach verfügt.

Es regne in das Haus derzeit etwas herein, daher müsse man Ausbesserungsarbeiten vornehmen, aber es gehe nicht darum, das gesamte Dach neu zu decken.

Die Kritiker des von der DFL unter maßgeblicher Federführung Hellmanns vorangetriebenen Investoren-Deals  fürchten allerdings, dass es nicht bei Ausbesserungsarbeiten bleiben wird und die Liga einen bleibenden Dachschaden davontragen könnte.

Ein gutes oder ein schlechtes Geschäft?

Am Mittwoch treffen sich die Vertreter der 36 Klubs aus der 1. und 2. Liga, um darüber zu befinden, was der Präsident des FC St. Pauli und DFL-Präsidiumsmitglied, Oke Göttlich, im SPIEGEL-Interview »den wichtigsten Mega-Deal in der Geschichte der Bundesliga« nennt. Soll die Liga einem Investor künftig 12,5 Prozent ihrer Vermarktungserlöse über 20 Jahre überlassen – um dafür zwei Milliarden Euro einzunehmen? Ist das ein gutes oder ein schlechtes Geschäft?

In der Liga herrscht in genau dieser Frage Uneinigkeit. Es sind beileibe nicht nur die Fans, die dem Einstieg eines Private-Equity-Unternehmens, einer Beteiligungsgesellschaft, per se ablehnend gegenüber stehen – und dies in den vergangenen Wochen in den Stadien mit ihren Bannern mehr als deutlich gemacht haben.

Unbehagen gibt es auch in einzelnen Klubs – so sehr, dass es nach wie vor nicht ausgemacht ist, ob die für die Zustimmung nötige Zwei-Drittel-Mehrheit am Mittwoch tatsächlich erreicht oder, wie es die Unterstützer wollen, sogar deutlich überschritten wird.

Unbehagen aus vielen Quellen

Es ist ein Unbehagen, das sich aus vielen Quellen speist. Die DFL hat für den Private-Equity-Deal bisher stets mit dem Argument geworben, der Investor habe damit keinerlei Anspruch, bei strategischen Fragen wie zum Beispiel der Spielplangestaltung mitzureden. Hellmann hatte dies sogar als »Rote Linie« bezeichnet.

Die ARD-Sportschau allerdings aus vertraulichen DFL-Papieren zitiert,  aus denen hervorgeht, dass dem Investor in wichtigen Fragen ein Vetorecht zugestanden wird. Genau das hatten die Fangruppierungen zuletzt immer als Sorgen ausgesprochen.

»Für den Investor besonders wichtige Geschäfte bedürfen der Zustimmung der Investor-Beiratsmitglieder«, heißt es in dem Papier. Die DFL hat darauf reagiert, dies beträfe nicht die von den Fans mit Sorge betrachteten Bereichen. »Hoheitliche Rechte und Aufgaben der DFL – wie etwa die Organisation des Spielbetriebs mitsamt Spielplanung und Festlegung von Anstoßzeiten sowie die Lizenzierung der Klubs und Spieler – sowie die Einflussnahme und Mitwirkungsrechte der Klubs bleiben jederzeit gewahrt und im ausschließlichen Entscheidungsbereich des DFL«, heißt es in der Stellungnahme, die die DFL dem SPIEGEL zukommen ließ.

Kreditfinanzierung oder Investor

Den Argwohn hat man damit aber nicht aus der Welt schaffen können. St. Pauli-Präsident Göttlich hatte bemängelt, dass selbst ihm als Mitglied im DFL-Präsidium weder der notwendige Einblick in die Dokumente gewährt worden sei, noch seien ihm konkrete Fragen zum Prozess beantwortet worden. Seine Sorge sei, »dass dieser Deal das am stärksten spaltende Moment der Bundesliga-Geschichte werden könnte«, so Göttlich.

St. Pauli-Präsident und DFL-Präsidiumsmitglied Oke Göttlich: »Das am stärksten spaltende Moment der Bundesliga-Geschichte«

St. Pauli-Präsident und DFL-Präsidiumsmitglied Oke Göttlich: »Das am stärksten spaltende Moment der Bundesliga-Geschichte«


Foto: Axel Martens / DER SPIEGEL

Kritik aus einer anderen Richtung kommt unter anderem vom 1. FC Köln. Der Klub moniert, dass das Hereinholen eines Investors von außen im Vergleich zur Kreditfinanzierung über eine Bank die für die Liga letztlich ungünstigere Variante sei. Die DFL werde dadurch, so die Befürchtung, langfristig eher Geld verlieren als gewinnen: Da der Investor von möglichen Wachstumsraten in der Vermarktung in den nächsten 20 Jahren überproportional profitieren würde, während die Liga mit einer, wenn auch üppigen, Zahlung zum Start des Deals vorliebnehmen müsse.

Zumal die DFL die zwei Milliarden wohl nicht auf einen Schlag erhalten soll, sondern die Zahlungen des Investors auf fünf Jahre gestreckt werden.

Wer kontrolliert die Geldflüsse?

Aus vertraulichen DFL-Unterlagen, die dem SPIEGEL vorliegen, geht hervor, wie die zwei Milliarden verteilt werden sollen. 750 Millionen gehen an die DFL, damit soll die Digitalisierung der Liga vorangetrieben werden. Es verbleiben gut 1,25 Milliarden Euro, der Großteil, nämlich gut 800 Millionen Euro fließen dabei zweckgebunden in Projekte wie den Ausbau der Nachwuchsförderung.

450 Millionen Euro werden den Klubs zudem zur Verfügung gestellt, um Internationalisierung und Digitalisierung voranzutreiben. Wer in dieser Hinsicht allerdings schon in Vorleistung gegangen ist – und das sind in der Regel die Großklubs wie der FC Bayern, Leipzig und Dortmund – darf dieses Geld auch anderweitig verwenden, zum Beispiel in Spielertransfers.

Zudem ist bisher offenbar nicht geklärt, wer genau kontrolliert, ob die Klubs das zur Verfügung gestellte Geld wirklich in ein Digitalisierungsprojekt stecken oder in Spielerverpflichtungen.

Der Verteilungsschlüssel für das Geld, auch das geht aus DFL-Unterlagen hervor, bevorzugt ohnehin schon die größeren Klubs, er orientiert sich grundlegend daran, wie heute bereits die Fernsehgelder ausgeschüttet werden. Die Schere zwischen großen und kleineren Klubs würde eher weiter auseinander gehen – mit den entsprechenden Folgen für den internen Wettbewerb.


Mehr zum Thema

Widerstand kommt schließlich aus einer weiteren Ecke: Die Drittliga-Klubs haben in einem Offenen Brief ihrer deutlichen Zurückhaltung gegenüber dem Projekt Ausdruck verliehen. Der Geschäftsführer des SV Meppen, Ronald Maul, hat die Befürchtung geäußert, 1. und 2. Liga seien damit auf dem Weg zu einer »geschlossenen Gesellschaft«, es werde Klubs künftig noch schwerer gemacht, von unten in die beiden Topligen vorzustoßen.

Auch Maul sagt, er fühle sich bisher viel zu wenig über die Einzelheiten des Deals informiert: »Die Informationslage ist sehr unbefriedigend und unübersichtlich.« Ein Grund, warum St. Pauli-Präsident Göttlich auf der Sitzung eine Verschiebung der Abstimmung in den August beantragen will, um Zeit für mehr Informationen zu gewinnen.

Der DFL würde eine solche Verzögerung nicht ins Konzept passen. Sie will nach einem grundsätzlichen Ja der DFL-Mitglieder zu dem Deal schnell Nägel mit Köpfen machen und schon bis Ende Juni auf einer weiteren Mitgliederversammlung den Deal perfekt machen.

Befürworter und Skeptiker haben sich munitioniert: Am Mittwoch kommt es zum Showdown.


Author: DER SPIEGEL

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Fanproteste wie hier in Braunschweig gab es zuletzt fast überall in den Stadien

Fanproteste wie hier in Braunschweig gab es zuletzt fast überall in den Stadien

Foto: Swen Pförtner / dpa

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Axel Hellmann hat ein Lieblingsbild, das er in diesen Wochen häufig benutzt: Der Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt und kommissarisch amtierende Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) vergleicht die Bundesliga gern mit einem Haus, das über ein marodes Dach verfügt.

Es regne in das Haus derzeit etwas herein, daher müsse man Ausbesserungsarbeiten vornehmen, aber es gehe nicht darum, das gesamte Dach neu zu decken.

Die Kritiker des von der DFL unter maßgeblicher Federführung Hellmanns vorangetriebenen Investoren-Deals  fürchten allerdings, dass es nicht bei Ausbesserungsarbeiten bleiben wird und die Liga einen bleibenden Dachschaden davontragen könnte.

Ein gutes oder ein schlechtes Geschäft?

Am Mittwoch treffen sich die Vertreter der 36 Klubs aus der 1. und 2. Liga, um darüber zu befinden, was der Präsident des FC St. Pauli und DFL-Präsidiumsmitglied, Oke Göttlich, im SPIEGEL-Interview »den wichtigsten Mega-Deal in der Geschichte der Bundesliga« nennt. Soll die Liga einem Investor künftig 12,5 Prozent ihrer Vermarktungserlöse über 20 Jahre überlassen – um dafür zwei Milliarden Euro einzunehmen? Ist das ein gutes oder ein schlechtes Geschäft?

In der Liga herrscht in genau dieser Frage Uneinigkeit. Es sind beileibe nicht nur die Fans, die dem Einstieg eines Private-Equity-Unternehmens, einer Beteiligungsgesellschaft, per se ablehnend gegenüber stehen – und dies in den vergangenen Wochen in den Stadien mit ihren Bannern mehr als deutlich gemacht haben.

Unbehagen gibt es auch in einzelnen Klubs – so sehr, dass es nach wie vor nicht ausgemacht ist, ob die für die Zustimmung nötige Zwei-Drittel-Mehrheit am Mittwoch tatsächlich erreicht oder, wie es die Unterstützer wollen, sogar deutlich überschritten wird.

Unbehagen aus vielen Quellen

Es ist ein Unbehagen, das sich aus vielen Quellen speist. Die DFL hat für den Private-Equity-Deal bisher stets mit dem Argument geworben, der Investor habe damit keinerlei Anspruch, bei strategischen Fragen wie zum Beispiel der Spielplangestaltung mitzureden. Hellmann hatte dies sogar als »Rote Linie« bezeichnet.

Die ARD-Sportschau allerdings aus vertraulichen DFL-Papieren zitiert,  aus denen hervorgeht, dass dem Investor in wichtigen Fragen ein Vetorecht zugestanden wird. Genau das hatten die Fangruppierungen zuletzt immer als Sorgen ausgesprochen.

»Für den Investor besonders wichtige Geschäfte bedürfen der Zustimmung der Investor-Beiratsmitglieder«, heißt es in dem Papier. Die DFL hat darauf reagiert, dies beträfe nicht die von den Fans mit Sorge betrachteten Bereichen. »Hoheitliche Rechte und Aufgaben der DFL – wie etwa die Organisation des Spielbetriebs mitsamt Spielplanung und Festlegung von Anstoßzeiten sowie die Lizenzierung der Klubs und Spieler – sowie die Einflussnahme und Mitwirkungsrechte der Klubs bleiben jederzeit gewahrt und im ausschließlichen Entscheidungsbereich des DFL«, heißt es in der Stellungnahme, die die DFL dem SPIEGEL zukommen ließ.

Kreditfinanzierung oder Investor

Den Argwohn hat man damit aber nicht aus der Welt schaffen können. St. Pauli-Präsident Göttlich hatte bemängelt, dass selbst ihm als Mitglied im DFL-Präsidium weder der notwendige Einblick in die Dokumente gewährt worden sei, noch seien ihm konkrete Fragen zum Prozess beantwortet worden. Seine Sorge sei, »dass dieser Deal das am stärksten spaltende Moment der Bundesliga-Geschichte werden könnte«, so Göttlich.

St. Pauli-Präsident und DFL-Präsidiumsmitglied Oke Göttlich: »Das am stärksten spaltende Moment der Bundesliga-Geschichte«

St. Pauli-Präsident und DFL-Präsidiumsmitglied Oke Göttlich: »Das am stärksten spaltende Moment der Bundesliga-Geschichte«

Foto: Axel Martens / DER SPIEGEL

Kritik aus einer anderen Richtung kommt unter anderem vom 1. FC Köln. Der Klub moniert, dass das Hereinholen eines Investors von außen im Vergleich zur Kreditfinanzierung über eine Bank die für die Liga letztlich ungünstigere Variante sei. Die DFL werde dadurch, so die Befürchtung, langfristig eher Geld verlieren als gewinnen: Da der Investor von möglichen Wachstumsraten in der Vermarktung in den nächsten 20 Jahren überproportional profitieren würde, während die Liga mit einer, wenn auch üppigen, Zahlung zum Start des Deals vorliebnehmen müsse.

Zumal die DFL die zwei Milliarden wohl nicht auf einen Schlag erhalten soll, sondern die Zahlungen des Investors auf fünf Jahre gestreckt werden.

Wer kontrolliert die Geldflüsse?

Aus vertraulichen DFL-Unterlagen, die dem SPIEGEL vorliegen, geht hervor, wie die zwei Milliarden verteilt werden sollen. 750 Millionen gehen an die DFL, damit soll die Digitalisierung der Liga vorangetrieben werden. Es verbleiben gut 1,25 Milliarden Euro, der Großteil, nämlich gut 800 Millionen Euro fließen dabei zweckgebunden in Projekte wie den Ausbau der Nachwuchsförderung.

450 Millionen Euro werden den Klubs zudem zur Verfügung gestellt, um Internationalisierung und Digitalisierung voranzutreiben. Wer in dieser Hinsicht allerdings schon in Vorleistung gegangen ist – und das sind in der Regel die Großklubs wie der FC Bayern, Leipzig und Dortmund – darf dieses Geld auch anderweitig verwenden, zum Beispiel in Spielertransfers.

Zudem ist bisher offenbar nicht geklärt, wer genau kontrolliert, ob die Klubs das zur Verfügung gestellte Geld wirklich in ein Digitalisierungsprojekt stecken oder in Spielerverpflichtungen.

Der Verteilungsschlüssel für das Geld, auch das geht aus DFL-Unterlagen hervor, bevorzugt ohnehin schon die größeren Klubs, er orientiert sich grundlegend daran, wie heute bereits die Fernsehgelder ausgeschüttet werden. Die Schere zwischen großen und kleineren Klubs würde eher weiter auseinander gehen – mit den entsprechenden Folgen für den internen Wettbewerb.

Mehr zum Thema

Widerstand kommt schließlich aus einer weiteren Ecke: Die Drittliga-Klubs haben in einem Offenen Brief ihrer deutlichen Zurückhaltung gegenüber dem Projekt Ausdruck verliehen. Der Geschäftsführer des SV Meppen, Ronald Maul, hat die Befürchtung geäußert, 1. und 2. Liga seien damit auf dem Weg zu einer »geschlossenen Gesellschaft«, es werde Klubs künftig noch schwerer gemacht, von unten in die beiden Topligen vorzustoßen.

Auch Maul sagt, er fühle sich bisher viel zu wenig über die Einzelheiten des Deals informiert: »Die Informationslage ist sehr unbefriedigend und unübersichtlich.« Ein Grund, warum St. Pauli-Präsident Göttlich auf der Sitzung eine Verschiebung der Abstimmung in den August beantragen will, um Zeit für mehr Informationen zu gewinnen.

Der DFL würde eine solche Verzögerung nicht ins Konzept passen. Sie will nach einem grundsätzlichen Ja der DFL-Mitglieder zu dem Deal schnell Nägel mit Köpfen machen und schon bis Ende Juni auf einer weiteren Mitgliederversammlung den Deal perfekt machen.

Befürworter und Skeptiker haben sich munitioniert: Am Mittwoch kommt es zum Showdown.

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